Ida-sophie hegemann im interview
Wer kennt sie nicht: die junge sympathische Wahl-Innsbruckerin die man eigentlich immer mit einem Lächeln im Gesicht sieht, selbst nach 110km Up- und Downhill.
Für uns hat sich Ida-Sophie die Zeit genommen und ein paar wirklich spannende Fragen rund um ihre Trailrunning-Karriere beantwortet und dabei sehr interessante Einblicke gegeben.
Im Interview erfährt ihr
- wie Ida-Sophie ihren sehr typischen Laufstil analysiert
- ihre Ansicht zur Stellung der Frauen im Trailrunning
- wie sie ihren Alltag aus Studium, Training, Fotoshootings und Regeneration organisiert und aus welchen Fehlern sie dabei gelernt hat
- welches Rennen aktuell ganz oben auf ihrer Bucket List steht
- warum, abgesehen vom Sieg, Freunde und Familie hoffen, dass Ida-Sophie einen guten Wettkampf absolviert
Du hast einen sehr typischen Laufstil: Während die meisten AthletInnen versuchen, die Beine so wenig wie möglich vom Boden zu heben um Kraft zu sparen, führst du die Beine sehr hoch und nahe am Gesäß nach vor. Warum bevorzugst du diesen Laufstil? Hat dieser Laufstil deiner Meinung nach Einfluss auf den Energieverbrauch und passt du ihn evtl. nach längerer Laufdauer und dem Gelände an?
Das stimmt, da sieht man mir noch an, dass ich ursprünglich vom klassischen Bahn- und Straßenlauf komme. Mein Laufstil entspricht eher dem der 3000 m Bahn als dem Ultra-Running. Das ist eigentlich auch nicht schlecht, denn es erlaubt mir, sehr frequent die Berge hochzulaufen und vor allem in den flachen Passagen einiges an Zeit auf die Konkurrenz gut zu machen. Aber natürlich passe ich den Laufstil an. Bei langen Uphills mache ich viel kleinere Schritte und versuche mich mehr in den Schritt „reinfallen“ zu lassen. Im Downhill laufe ich auch anders, das ist aber etwas, an dem ich kontinuierlich arbeite. Ich versuche, auch in den Bergab-Passagen immer mehr mit dem Vorfuß zu laufen und mein Körpergewicht zu verlagern, denn dann wird man automatisch schneller. Ich laufe meistens noch zu zögerlich und bremse mich mit dem ganzen Fuß oder der Ferse aus, vor allem im Rennen. Aber es ist gut, wenn man seine Stärken und Schwächen kennt und beides ausbaut.
Grundsätzlich kann man Strecken bis 50 km gut und schnell in meinem Laufstil laufen, aber bei den längeren Distanzen versuche ich zum einen von Anfang an die Knie weniger hoch zu nehmen, zum anderen kommt das durch die Ermüdung automatisch. Je mehr Höhenmeter und Kilometer in den Beinen stecken, desto schwieriger bekommt man diese hoch. :)
Aktuell ist es schwierig, am Thema „Gender Gap im Sport“ vorbeizukommen. Egal ob in sozialen Medien, in Blogs oder Fachartikeln, immer mehr international angesehene Athletinnen äußern sich zu diesem Thema, auch du! Im Porträt deines Sponsors sagst du, dass es im Trailrunning keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Was sind deine Erfahrungen als junge Frau in diesem vergleichsweise jungen Sport?
Ich muss sagen, das war etwas, was mir im Trail Running von Beginn an positiv aufgefallen ist. Abgesehen davon, dass der Start in der Regel gemeinsam erfolgt, sind die Preisgelder die gleichen. Als ich 2019 das erste mal die Golden Trail World Series laufen durfte, ist mir das noch einmal deutlicher geworden. Selbst wenn wir Frauen mal einen eigenen Start hatten, haben wir mindestens gleichviel, wenn nicht noch mehr Medienaufmerksamkeit und Sendezeit bekommen wie die Männer. Das ist etwas besonderes im Sport, da ist Trail Running wirklich ein guter Vorreiter. Das einzige, wo noch viel Luft nach oben ist, ist das Thema Familie und Schwangerschaft. Es ist nicht selten, dass große Firmen und Sponsoren mit den Frauen weniger lange Verträge eingehen, weil sie „Sorge“ haben, dass diese schwanger werden könnten. Ich bin froh, dass das bei meinem Hauptsponsor nie der Fall war. Dennoch habe auch ich schon das ein oder andere mal ein Gesprächen mit potenziellen Partnern gehabt, wo das noch eine Rolle gespielt hat. Das sollte es heute aber nicht mehr geben. Unter anderem dafür setzt sich auch die Pro-Trail Runner Association (PTRA) - der ich auch angehöre - ein. Gerade vergangene Woche wurden beim UTMB und der UTMB World Series die Regeln für Schwangere und stillende Frauen angepasst, das war meiner Meinung nach längst überfällig.
(c) Nice by UTMB World Series
Neben dem Training und den vielen Rennen studierst du Architektur, wahrscheinlich Vollzeit, oder? Wie sieht ein typischer Tag im Leben einer Ida-Sophie aus? Nimm uns doch mal mit, vom Aufstehen bis zum Feierabend. Gerade die erfolgreiche Kombination aus Training, Beruf/Ausbildung und Sozialleben macht vielen Athleten zu schaffen und zerstört oft den Traum einer Profikarriere.
Genau, ich habe letzten Sommer meinen Bachelor in Architektur in Innsbruck fertig gemacht. Letztes Jahr um diese Zeit bestand mein Tag eigentlich nur aus Training und an Computer und Modell für's Studium zu arbeiten, ich habe so viele schlaflose Nächte gehabt, das war wirklich eine große Belastung. Generell habe ich den Bachelor sehr schnell und knallhart in fünf Semestern durchgezogen, das würde ich jetzt nicht mehr so machen. Ich habe wirklich nicht eine Minute Freizeit gehabt und alles war sehr eng getaktet. Auch die Sponsorentermine und Shootings noch dazu unter einen Hut zu bringen, war wirklich nicht einfach. Ich bin sehr zielstrebig und diszipliniert, will im Laufen und in der Uni das Beste geben, das ist nicht unbedingt förderlich für mich gewesen. Das mache ich jetzt besser. Ich hatte nach meiner Abschlusspräsentation im Sommer ein wenig Zeit zum Reflektieren und habe auch gesehen, wie andere Profi-Athleten ihren Tag strukturieren. Seit ich mit dem Master im Herbst begonnen habe, mache ich viel weniger Kurse und werde mir auch insgesamt für den Master mehr Zeit lassen. Das wirkt sich auch super positiv auf mich und mein Training aus. Nachbereitung, Kraft-, Ausgleichstraining und Schlaf brauchen auch ihre Zeit, wer wie ein Profi trainiert, muss auch wie ein Profi regenerieren. Ich merke gerade, wie sehr mich das nach vorne bringt. Ich bin sehr gut durch den Winter gekommen, habe Ausgleichssportarten wie Skilanglauf für mich entdeckt und ergänzt und hatte auch mehr Zeit für mein Lauftraining. Es ist nicht alles bis zur letzten Sekunde durchgetaktet und so kann ich auch intensivere Traininsgphasen besser adaptieren und besser regenerieren. Als ich im Januar in Triest beim Marathon mit 1.300 positiven und 900 negativen Höhenmetern in 3:22:17 h den Streckenrekord gebrochen habe, habe ich schon gemerkt, wie gut mir diese Veränderung tut. Auch danach verlief die Saison bisher vielversprechend, auf dem möchte ich aufbauen.
Dennoch muss ich sagen, dass ich für mich weiß, dass nur der Sport auch nicht die Lösung ist. Ich weiß, dass viele Profi-Trailrunner nichts anderes nebenher machen, aber das würde meinem Kopf nicht gut tun. Es ist immer wichtig, ein zweites Standbein zu haben. Einen typischen Tag zu beschreiben ist gar nicht so einfach, weil ich seit Beginn diesen Jahres fast nur unterwegs war für Rennen, Trainingslager, Shootings etc. Aber grundsätzlich bin ich Frühsaufsteherin, gehe dann gerne nüchtern Laufen, hole danach ein großes Frühstück nach und mache etwas für die Uni, meine Partner oder Social Media. Man darf nicht vergessen, dass das auch viel Zeit in Anspruch nimmt. Am Nachmittag oder Abend habe ich an drei Tagen die Woche noch einen Unikurs und dementsprechend trainiere ich an den Tagen kein zweites Mal, da hänge ich dann eher Physiotherapie oder Stabis dran. An den restlichen Tagen mache ich nachmittags entweder Krafttraining, gehe nochmal eine regenerative Runde Laufen, aufs Rad oder ins Wasser zum Aquajogging. So ist der Tag eh schon wirklich schnell vorbei. In Moment bin ich wirklich glücklich damit, wie sich alles eingependelt hat.
Welches Rennen oder welches besondere Erlebnis steht aktuell ganz oben auf deiner Bucket List?
Natürlich möchte ich gerne bei der WM in Innsbruck starten. Es ist einfach eine Ehre im Nationaltrikot für sein Land laufen zu dürfen und da ich ja in Innsbruck wohne, wäre es ein kleines Heimspiel. Abgesehen davon ist mein großes Ziel, einmal beim UTMB zu gewinnen. Das ist für uns Trail Runner einfach das größte und prestigeträchtigste Rennen das es gibt.
Was ist deine liebste Sportlermahlzeit und was ist deine liebste "kulinarische Sünde"?
Ich lebe vegetarisch, aber ich liebe Lachs. Das mit der Sünde ist einfach zu beantworten. Mein Freund macht das weltbeste Tiramisù und das bekomme ich auch als Belohnung, nach jedem guten Rennen. Davon macht er dann immer so viel, dass nicht nur ich etwas davon habe, sondern auch Freunde, Nachbarn, Team Mitglieder oder Rennkonkurrenten. So fiebern gleich immer mehr Leute mit mir mit, denn ein gutes Resultat bringt gutes Tiramisù ;-)